Naturdenkmaeler Baeume und keltischer Lindenweg 16,8 km (schwer) >> Die Tour führt uns zu sechs beeindruckenden geschützten Naturdenkmälern um Oberstedten herum. Auf dem Rückweg vom höchsten Punkt an der Saalburg fahren wir auf dem historischen aus der Keltenzeit stammenden Lindenweg.

Schon beim Start der Tour auf dem Parkplatz werden wir mit einem Blick auf die über 100 Jahre alten Linden, den mächtigen Nussbaum und andere seltene Bäume im benachbarten Biergarten des Lokals „Tante Anna“  auf das Thema der Tour eingestimmt.
Als erstes Ziel besuchen wir die alte Gerichtslinde von Mittelstedten.  Wir fahren die Industriestraße hoch zum „klaane Höchst“, wie die Kuppe der Mittelstedter Straße bei der Waschanlage von den alten Oberstedtern genannt wird. Von hier geht es weiter bis zur Kuppe des Oberstedter Bergs, „Großhöchst“ genannt. Nach links über die Brücke der Bundesstraße durch das Oberstedter Feld fahren wir etwa 300 m und biegen nach rechts in den Feldweg, der uns direkt zur alten Gerichtslinde führt.

Alte Gerichtslinde von Mittelstedten

Alte Linden waren früher oft Gerichtsstätten. Sie standen einzeln an besonderen Stellen in der Nähe des Dorfes. Im Mittelalter wurde hier die Ratsversammlung und das Dorfgericht abgehalten, das unter freiem Himmel stattfinden musste. Damals glaubte man an magische Wirkungen der Linden und der Plätze, wo sie standen. Auch vor Blitzschlag sollte man unter ihnen geschützt sein. Obwohl sie eine hohe Lebensdauer von mehreren hundert Jahren haben, sind angeblich tausendjährige Linden eher Nachpflanzungen.

Fast 500 Jahre alte Gerichtslinde des ehemaligen Dorfs Mittelstedten. Im Hintergrund die vor 40 Jahren neu gepflanzte Linde.

Im Mittelalter gab es die Stedter Dörfer Nieder-, Mittel- und Oberstedten, wovon bis heute nur Oberstedten übriggeblieben ist. Das Dorf Mittelstedten wurde wahrscheinlich schon lange vor dem Dreißigjährigen Krieg aufgegeben. Nur die „alte Gerichtslinde im Mittelstedter Feld“ zeugt noch heute vom früheren Dorf. Sie ist über 400 Jahre alt, manche sprechen sogar von 900 Jahren. Sie hatte früher eine ausladende Krone und bis heute einen mächtigen Stamm. Zwar war sie früher Gerichtsplatz, aber nie Hinrichtungsplatz. Seit 1938 steht sie unter Naturschutz. Schon damals wurde der Zustand der alten Gerichtslinde beklagt, weil der Stamm morsch und halb ausgefault war, wie man es bei vielen alten Linden findet. Zudem wurden die Wurzeln vor fast 50 Jahren bei der Verlegung von Telefonkabeln beschädigt. Um den uralten und majestätischen Baum zu erhalten und ihm eine Verjüngung der Triebe zu ermöglichen, wurde die Krone stark reduziert. Heute ist nur noch der mächtige Hauptstamm mit stark reduzierter Krone und einigen neuen Trieben vorhanden. Eine neue Linde wurde vor 30 Jahren in direkter Nähe nachgepflanzt. Unter dem Titel „Zeitenwandel“ haben die Stadt Oberursel, der Regionalpark und der Kultur- und Sportförderverein Oberursel einen Wettbewerb gestartet, durch den ein dauerhaftes Kunstwerk an der alten Linde installiert werden soll. Zwei Künstler, die schon auf der Bienale in Venedig ausstellten, haben den Wettbewerb gewonnen und wollen dem Naturdenkmal einen passenden „Rahmen“ geben, der als offene Stahlkonstruktion den Baum wie eine quadratische Vitrine umrahmt. Der untere Rahmenteil soll auch zum Draufsetzen ermuntern. Dadurch können auch regelmäßige Lesungen als literarisches Projekt an der neuen Skulptur „Alte Gerichtslinde“ stattfinden.

Weiter geht es die Strecke bis zum „Großhöchst“ zurück und von dort an den Kieskauten vorbei zum Landwehrweg und hier den lauschigen und steilen Verbindungsweg auf den Bergweg. Den überqueren wir und fahren durch das Wohngebiet Eichwäldchen über den Hühnerbergweg bis auf den Ahornweg am Waldrand. Nach links weiter kommen wir nach etwa 200 m an den alten Metzgerpfad. Er diente früher den Menschen aus Anspach und dem Usinger Land als Verbindungsweg nach Oberursel, um hier während der Woche in den Fabriken am Urselbach zu arbeiten oder im Vordertaunus ihre Waren anzubieten. Wenn man den Weg bis Nach Neu-Anspach in den Stahnhainer Grund fährt ahnt man, wie beschwerlich dieser Weg für die Menschen vor 150 Jahren gewesen sein mag, die mit schwerer Last in der Nach den Weg genommen haben. Wir fahren aber nur ein kleines Stück bis zum Frankfurter Forsthaus. Gleich am Anfang findet man links und rechts des Wegs im Wald alte Hügelgräber aus der Bronzezeit. Nach wenigen hundert Metern gelangen wir am Frankfurter Forsthaus zu den zwei Mammutbäumen.

Mammutbäume

Die Mammutbäume sind von beeindruckender Größe. Sie wurden 1848 gepflanzt und haben bis heute einen Stammumfang von 6 m und eine Höhe von über 40 m erreicht. Sie können in ihrer Heimat Kalifornien 100 m Höhe und einen Stammumfang von bis zu 27 m erreichen. Es soll ein Exemplar geben, das schon 3400 Jahre alt ist. Die beiden Mammutbäume haben trotz ihres vergleichsweise noch jugendlichen Alters schon eine beachtliche Größe erreicht und fühlen sich hier scheinbar wohl.  Der lateinische Name „Sequoiadendron giganteum“ enthält den indianischen Namen eines berühmten Schamanen aus dem Stamm der Cherokee. Diese nordamerikanischen Indianer glaubten, dass Schamanen mit Hilfe der Kraft der mit einem Geist versehenen mächtigen Mammutbäume Träume bei Menschen hervorrufen könnten, damit sie ihr Leben ändern und zu neuen und großen Taten aufbrechen. Wenn man am Fuße diese Naturdenkmäler steht und die mächtigen Stämme auf sich wirken lässt, spürt man durchaus ein Gefühl der Bescheidenheit und die Kraft der Natur.

Luthereiche

Von den Mammutbäumen geht der weitere Weg Richtung Norden bis zur Oberstedter Hardt, ein kleines Stück nach rechts und dann nach links zu Hardertsmühle. An der Hardertsmühle vorbei weiter auf dem König-Wilhelms-Weg kreuzen wir die Elisabethenschneise und fahren dann weiter immer leicht bergauf bis zur Luthereiche. Diese Eiche wurde am 31. Oktober 1817 gepflanzt, zum 300-jährigen Jubiläum des Anschlags der 95 Thesen von Martin Luther an die Pforte der Schlosskirche in Wittenberg. Die Kurgäste von Homburg trafen sich gerne am Plateau der Eiche, von dem aus man früher einen weiten Blick nach Homburg hatte. Damals im 19. Jahrhundert war der Taunusrand noch nicht bewaldet.

Der Stammumfang des 200 Jahre alten Baums beträgt heute 3,5 m. Stamm und abzweigende tragende Äste sind bemoost und verzweigen sich in eine breite Krone. Vor dem Naturdenkmal wurde der Ev. Gedächtniskirchengemeinde 2017 ein kleiner Gedenkstein aus Taunusquarzit gesetzt, der die Jahrhundertgeburtstage der Eiche und damit im Jubiläumsjahr 2017 der Reformation auch die Jahrhundertwiederkehr des Reformationsfestes darstellt.
Wenn man den Weg weiter fährt, kann man in der Nähe der alten Eiche im Wald versteckt Hügelgräber aus der Vorzeit finden.

Der König- Wilhelms-Weg führt noch einige hundert Meter leicht bergauf durch den duftigen Taunuswald, bis er fast eben weiter verläuft bis zur Jupitersäule vor der Saalburg. Von hier ist es nur noch ein kleines Stück bis zum Landgasthof Saalburg und nur wenig weiter bis zur Saalburg.

 

Atlas-Zeder und Säuleneiche

Bei gutem Wetter ist die Terrasse hinter dem Landgasthof Saalburg geöffnet. Hier gibt es ein gutes Glas Bier oder ein leckeres gemischtes Eis. Auch das Essen ist sehr gut. Direkt neben dem Gasthof stehen zwei große Bäume, die vor etwas mehr als 100 Jahren gepflanzt wurden und heute auch als Naturdenkmäler geschützt sind.

Die Atlas-Zeder stammt ursprünglich nicht aus dem Taunus und hat auch nichts mit den Libanonzedern der Landgräfin Elisabeth zu tun, die aus dem Homburger Schlossgarten bekannt sind. Dieses Kieferngewächs stammt ursprünglich aus dem nordafrikanischen Atlasgebirge und steht seit 2013 auf der roten Liste der gefährdeten Pflanzen. Die Atlas-Zeder erreicht Wuchshöhen bis 40 Metern, einen Stammdurchmesser von bis zu 2 Metern und ist ein immergrüner Baum. Eine Atlas-Zeder kann bis 900 Jahre alt werden. Zedernholz enthält ein Öl und verströmt einen angenehm Duft, ähnlich wie Sandelholz. Das Öl der Zeder war schon im Altertum beliebt und wird heute in aller Welt gerne zur Herstellung von Parfum genutzt.

Direkt neben der Atlas-Zeder am Parkplatz vor dem Gasthof steht eine Säuleneiche, die auch als Pyramideneiche bezeichnet wird. Als Säuleneiche oder Pyramideneiche werden verschiedene säulenförmig wachsende Sorten der Stieleiche bezeichnet, die aus einer sogenannten Knospenmutation entstanden sind. Vergleichbar mit einer Säulenpappel wachsen hier die Seitentriebe straff aufrecht. Die älteste bekannte Säuleneiche ist die „Schöne Eiche“ bei Babenhausen und ist 570 Jahre alt. Man vermutet, dass alle heute bekannten Exemplare der Säuleneiche ursprünglich von der Eiche in Babenhausen abstammen. Wegen ihrer ungewöhnlichen Kronenform und ihrer Seltenheit ist die Säulen- oder Pyramideneiche am Landgasthof Saalburg ebenfalls als Naturdenkmal geschützt. Die Eiche hat einen Stammumfang von fast 3 m und eine Höhe von etwa 25 m.

Vom Landgasthof aus fahren wir zurück bis zur Wegegabelung an der Jupitersäule. Als das Römerkastell Saalburg Anfang des 20. Jahrhunderts nach den Vorstellungen des Kaisers wieder errichtet worden war, stellte man als weitere Attraktion die Jupitersäule auf. Sie ist die Kopie eines Originals in Mainz und hat eine Höhe von insgesamt 12,50 m.
Nach der Inschrift hatten im Jahr 59 n. Chr. Mainzer Bürger die Säule dem römischen Gott Jupiter zum Wohle des Kaisers Nero geweiht. Wie bei römischen Säulen üblich, war die Jupitersäule an der Saalburg ursprünglich bunt bemalt. Heute ist noch die Jupiter-Figur vergoldet. Die Originalsäule wurde in Mainz ausgegraben und aus vielen kleinen Stücken zusammengesetzt. Sie steht heute im Landesmuseum in Mainz.

Keltischer Lindenweg

Die Jupitersäule steht direkt in einer Wegegabelung. Von oberhalb des Taunushanges kommt der König-Wilhelms-Weg, von dem wir bergauf kamen und trifft hier auf den „Lindenweg“, der von Oberstedten direkt zur Saalburg führt. Dieser Weg ist weit mehr als 2000 Jahre alt. Er gehört zu einem Netz von alten keltischen Handelswegen, die keltische Siedlungen auf fast direktem Weg miteinander verbanden. Diese vorgeschichtlichen Handelsstraßen kann man heute teilweise noch nachweisen. Meist sind sie unterbrochen durch Ortschaften, weil sich ursprünglich kleine Siedlungen an den Wegen bildeten, die sich bis in die heutige Zeit erhalten und zu Dörfern oder Städten erweitert haben. Manche Altwege sind auch durch Verschleifung bei der Ackerbestellung durch Landwirte in ihrem Verlauf unterbrochen worden.
Der Lindenweg führte von Höchst, wo die Nidda in den Main mündet fast kerzengerade bis zum Saalburgpass und von dort zu den alten Siedlungspunkten im Usinger Land. Sein Name hat nichts mit Lindenbäumen zu tun, sondern leitet sich ab von „Linienweg“. Da der Name „Lindenweg“ aber seit Jahrhunderten bekannt ist, hat ein Homburger Landgraf am Rande des Weges viele Linden anpflanzen lassen.
Der Lindenweg war vor 100 Jahren auch noch innerhalb von Oberstedten als Name nachweisbar (heute: Hasengärten, Baumweg). Wahrscheinlich war er die Grundlage der alten Oberurseler Straße, der früheren Verbindung von Oberstedten nach Oberursel, die heutige Mittelstedter Straße. Der Lindenweg verlief in Oberursel durch den Maasgrund, wo er heute aber nicht mehr nachweisbar ist. Auch im Bereich des Heidegrabens vor dem ehemaligen keltischen Oppidum Goldgrube soll eine Verbindung des Lindenwegs zur Goldgrube vor 100 Jahren noch nachweisbar gewesen sein.
In der Oberhöchstädter Waldsiedlung gibt es ebenfalls einen alten Weg mit der überlieferten Bezeichnung Lindenweg. Wahrscheinlich ist ein Teil einer Abzweigung vom großen Lindenweg zum Heidetränk-Oppidum und zielt direkt auf den Bereich des Oppidums „Alte Höfe“.
Vom Lindenweg zweigte zwischen Höchst und Oberstedten eine andere bekannte Altstraße ab und führte in das Gebiet der Wetterau, die „Weinstraße“. Der Name dieser Altstraße hat nichts mit Wein zu tun, sondern leitet sich ab von Wagenstraße (Wagen > Wägen>wän>Wein). Die Weinstraße führte durch Bommersheim und die Bad Homburger Stadtteile Gonzenheim und Obereschbach. Auf alten Karten der Landgrafschaft Homburg (z.B. Stumpf’sche Karte) sind beide Altwege noch in vollständigerem Verlauf verzeichnet.

Streiteiche

Von der Saalburg aus bis zur Jupitersäule sind wir also schon den Lindenweg gefahren und halten uns jetzt weiter auf ihm an der Jupitersäule links bergab. Der Lindenweg verläuft gleichmäßig fast schnurgerade Richtung Oberstedten. Beim lockeren Herunterradeln kommen einem leicht die vielen Menschen in den Sinn, die schon vor mehr als zwei Jahrtausenden hier mit schwerem Gepäck oder mit einem Wagengespann den Weg zur nächsten keltischen Siedlung bewältigten.
Nach wenigen Hundert Metern treffen wir noch am oberen Lindenweg an der linken Seite auf eine 300 Jahre alte mächtige Eiche, die sogenannte „Streiteiche“. Sie ist ein ehemaliger Grenzbaum, der von Streitigkeiten um Grenzverläufe bei der Aufteilung der Waldgemarkungen im 18. Jahrhundert zeugt. Das Erscheinungsbild dieses Naturdenkmals mit der weit ausladenden Krone ist beeindruckend (siehe auch großes Foto oben). Sie hat einen Stammumfang von fast 6 m.

Weiter geht es auf dem Lindenweg bis in Höhe von Dornholzhausen sich der Wald auf der linken Seite öffnet und sich ein schöner Blick auf Bad Homburg bietet. Im weiteren Verlauf sehen wir links das alte Gestüt Erlenhof. Am Ende des Geländes um das Gestüt knickt der Lindenweg leicht nach links ab. Wir kreuzen schräg die Elisabethenschneise und halten uns weiter im bisherigen Verlauf bis auf den kleinen Hohlweg, dem Baumweg. Dieser schöne Weg führt bis zur Reformfachakademie und die Gotische Straße, die wir überqueren. Die Straße Hasengärten hieß früher noch Lindenweg. Es gibt auch Altstraßenforscher, die davon ausgehen, dass der Lindenweg am Knick am Ende des Gestüts Erlenhof ursprünglich weiter geradeaus verlief und durch das heutige Gelände des Oberstedter Fußballplatzes verlief. Der weitere Verlauf innerhalb Oberstedtens wäre dann aber unklarer.

Durch die alten Gässchen von Oberstedten fahren wir bis zum Ausgangspunkt und Ziel unserer Tour, dem Parkplatz hinter Tante Anna.